Vor- und Nachteile verschiedener Betreuungsmodelle nach der Trennung. Welches ist das Richtige?

von | Jun 9, 2023 | Blog, Trennung | 2 Kommentare

Last Updated on 15. Juni 2023 by Claudia

Mit die wichtigste Frage bei einer Trennung mit Kindern ist die nach dem passenden Betreuungsmodell. In diesem Artikel stelle ich mögliche Betreuungsmodelle inklusive Vor- und Nachteile ausführlich vor. Außerdem habe ich 6 Faktoren mit verschiedenen Fragen für dich, um ein passendes Betreuungsmodell für deine Situation herauszufinden und gebe dir Hinweise, wer dich in dem Prozess unterstützen kann.

Hinweis: zur besseren Lesbarkeit schreibe ich nur von einem Kind. Natürlich sind immer alle betroffenen Kinder gemeint.

 

Es gibt 3 Betreuungsmodelle: das Residenzmodell, das Wechselmodell und das Nestmodell. Jedes Modell hat seine Vor-, aber auch seine Nachteile. Bei allen diesen 3 Betreuungsmodellen ist ein gemeinsames Sorgerecht für das Kind die Grundlage. In Deutschland sind miteinander verheiratete Eltern per Gesetz gemeinsam sorgeberechtigt und dies auch über die Trennung hinaus.

Der Vollständigkeit halber habe ich als letzten Punkt noch die alleinige elterliche Sorge aufgeführt.

 

Residenzmodell

Bei diesem Modell lebt das Kind hauptsächlich bei einem Elternteil. Meistens ist das der Elternteil, der in den letzten Jahren auch bereits überwiegend die Betreuung übernommen hat. Der andere Elternteil hat gesetzlich das Recht, aber auch die Pflicht zum Umgang mit dem Kind.

Nach meiner Scheidung hat das Umgangsrecht mit den Kindern wie folgt ausgesehen: in der Regel von Freitagmittag bis Sonntagabend jedes zweite Wochenende. Die Ferien wurden hälftig und die Feiertage wurden im Wechsel aufgeteilt.

Das Umgangsrecht ist aber immer individuell und auf den jeweiligen Einzelfall festzulegen. Bei der Vereinbarung muss hier die Berufstätigkeiten der Eltern, z.B. Schichtdienste, und/oder der Wohnort der Elternteile miteingeplant werden. Je weiter der andere Elternteil entfernt wohnt, muss ggf. eine andere Lösung für das Besuchsrecht gefunden werden.

 

Kindsunterhalt:

In diesem Modell zahlt der umgangsberechtigte Elternteil dem betreuenden Elternteil einen entsprechenden Kindesunterhalt.

 

Vorteile:

  • Kontinuität und Stabilität für das Kind bleibt durch den festen Wohnsitz bei einem Elternteil bestehen
  • Durch klare Absprachen herrscht Klarheit wann das Kind wo ist
  • Bei schwieriger Kommunikation zwischen den Elternteilen gibt es hier weniger Konfliktpotential

Nachteile:

  • Das Kind kann sich zwischen den Eltern hin- und hergerissen fühlen
  • Möglicherweise kann die Verbindung mit dem nicht ständig betreuenden Elternteil nicht so eng sein wie vorher
  • Der betreuende Elternteil trägt mehr Verantwortung für das Kind und kann dadurch mehr belastet sein.

Wechselmodell

Dieses Modell wird manchmal auch Doppelresidenzmodell genannt und ist im Moment die verbreitetste Form des Betreuungsmodells.

Bei diesem Modell teilen sich die beide Elternteile die Betreuung des Kindes ungefähr hälftig. Dies wird paritätisches Wechselmodell genannt. Oftmals wechselt das Kind immer wochenweise sein zu Hause. Der Wechsel kann aber genauso gut alle 2 Wochen oder jeden Monat erfolgen. Diese Vereinbarung sollte von allen Beteiligten gemeinsam getroffen werden.

Es gibt auch ein nicht paritätisches Wechselmodell. Hier betreut ein Elternteil mehr als das andere. So kann dann das Wechselmodell individuell angepasst werden.

 

Kindsunterhalt:

Beim paritätischen Wechselmodell muss kein Kindesunterhalt gezahlt werden, es sei denn, der eine Elternteil verdient mehr als der andere Elternteil. Dann enthält der weniger verdienende Elternteil anteilig einen Teil vom „Mehrverdienst“ des anderen Elternteils.

Wird ein nicht paritätisches Wechselmodell durchgeführt, muss der weniger zu betreuende Elternteil den vollen Kindesunterhalt an den anderen Elternteil zahlen.

 

Vorteile:

  • Bei einem paritätischen Wechselmodell spielen beide Elternteile eine große und aktive Rolle im Leben des Kindes
  • Dadurch besteht eine enge Beziehung und ständiger Kontakt zu beiden Elternteilen
  • Somit hat das Kind zwei feste Zuhause und damit eine Stabilität

Nachteile:

    • Bei diesem Modell muss eine gute Kommunikation zwischen den beiden Elternteilen gegeben sein
    • Dies Modell macht nur Sinn, wenn die beiden Wohnorte der Eltern nahe beieinander liegen, damit Freunde, Schule, Kindergarten und Vereine jederzeit besucht werden können
    • Eventuell kann der ständige Wechsel zwischen den Elternteilen für das Kind verwirrend und belastend sein

 

Zitat von Voltaire da es sehr förderlich für die Gesundheit ist habe ich beschlossen glücklich zu sein

Nestmodell

Bei dieser speziellen Form des Wechselmodells bleibt das Kind immer in den Wohnräumen und die Eltern wechseln sich mit der Betreuung in dem Zuhause des Kindes ab. Damit ist sichergestellt, dass das Kind nie seinen Lebensmittelpunkt wechseln muss.  Hierbei benötigen beide Elternteile jeweils weitere Wohnungen, in denen sie in der nicht betreuenden Zeit wohnen.

 

Kindsunterhalt:

Bei diesem Modell besteht eine gegenseitige Unterhaltspflicht. Dies bedeutet, dass jedes Elternteil Kindesunterhalt an den Anderen zahlen muss, auch Über-Kreuz-Zahlung genannt. Verdienen sie in etwa gleich viel, zahlen sie sich gegenseitig die gleiche Höhe an Unterhalt. Verdient einer mehr als der andere, zahlt dieser auch mehr Kindesunterhalt an den anderen Elternteil.

 

Vorteile:

    • Da das Kind immer an seinem Lebensmittelpunkt lebt, bedeutet dies volle Kontinuität und Stabilität für das Kind
    • In der Regel bleibt das Kind in der Immobilie, in der es vorher bereits gewohnt hat, so dass auch kein Wechsel des Wohnortes für das Kind nötig ist
    • Auch hier ist eine sehr gute Bindung zu beiden Elternteilen gegeben

Nachteile:

    • Durch die Nutzung einer gemeinsamen Immobilie mit dem Kind ist die Privatsphäre für jedes Elternteil gering
    • Beim Nestmodell ist ein hoher finanzieller Aufwand von Nöten, da drei Wohnungen bezahlt werden müssen.
    • Auch hier ist es sehr wichtig, dass die Kommunikation zwischen den Elternteilen weiterhin sehr gut ist

 

Alleinige elterliche Sorge

Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht verheiratet, hat die Mutter das alleinige Sorgerecht. Der Vater kann entweder das Sorgerecht einklagen oder gemeinsam mit der Mutter eine Sorgerechtserklärung abgeben. Wenn dies während der Beziehung der Eltern nicht geschieht, hat weiterhin die Mutter bei der Trennung das alleinige Sorgerecht.

Bei manchen Trennungen wird aufgrund des Kindeswohls das alleinige Sorgerecht für einen Elternteil gerichtlich ausgesprochen. Dies erfolgt, wenn von dem einen Elternteil körperliche oder seelische Gefahr ausgeht oder wenn das Vermögen des Kindes vor einem Elternteil geschützt werden muss.

Bei der alleinigen elterliche Sorge übernimmt der eine Elternteil die alleinige Verantwortung für die Betreuung des Kindes.

 

Kindsunterhalt:

Der umgangsberechtigte Elternteil zahlt dem Elternteil mit dem alleinigen Sorgerecht einen entsprechenden Kindesunterhalt.

 

Vorteile:

    • Klare Zuständigkeit und Entscheidungsbefugnis für das Elternteil
    • Stabilität für das Kind
    • Abstimmung über Besuchsrecht artet nicht in einem Kampf aus

Nachteile:

    • Verlust des Kontaktes und der Beziehung zum nicht betreuenden Elternteil möglich
    • Eventuell: Stress und Belastung für das alleine betreuende Elternteil
    • Der andere Elternteil kann sich ausgeschlossen oder benachteiligt fühlen
Trennung mit Kindern Tipps für ein besseres Gelingen

6 Faktoren bei der Auswahl des „richtigen“ Betreuungsmodells

 

Im deutschen Recht steht das Kindeswohl im Vordergrund. Deshalb sollte sich auch das Betreuungsmodell darauf ausrichten. Folgende Faktoren können bei der Entscheidung eine Rolle spielen: 

  1. Alter, Psyche und Entwicklungsstand des Kindes
    Wird das Kind noch gestillt?
    Wie psychisch gefestigt ist das Kind?
    Welche körperlichen oder psychischen Einschränkungen hat das Kind?
    Wie gut kann das Kind mit Veränderungen umgehen?
  2. Qualität der Beziehung zu den Elternteilen
    Sind vorher auch beide Elternteile in der Carearbeit gleichermaßen eingebunden gewesen?
    Wie sehr möchte das Kind die Beziehung zu den Elternteilen aufrechterhalten?
    Wurden körperliche oder seelische Wunden bei dem Kind von einem Elternteil zugefügt?
  3. Kommunikation- und Kooperationsfähigkeit beider Elternteile
    Wie gut ist die Kommunikation zwischen den Elternteilen?
    Inwieweit sind beide Elternteile zu Kompromissen bereit?
    Wie soll die Verständigung zwischen den Elternteilen erfolgen?
  4. Wohnsituation der ehemaligen Familie
    Wer wohnt zukünftig wie und wo?
    Sind neue Partner/Partnerinnen involviert?
    Sind die Wohnorte der beiden Elternteile nah beieinander oder geografisch sehr verschieden?
  5. Individuelle Umstände der Elternteile
    Wie sind die jeweiligen Arbeitszeiten der Elternteile?
    Gibt es mögliche Unterstützungen von Familie und Freunden?
    Sind weitere Personen bei der Entscheidung miteinzubeziehen, z.B. weitere Kinder, neue Partner/Partnerinnen
    Gibt es körperliche oder psychische Beeinträchtigungen bei einem Elternteil?
  6. Individuelle Umstände der Trennung
    Wie kam die Trennung zustande?
    Gab es kriminelle Verwicklungen eines Elternteiles?

Wer kann eine Hilfestellung bei der Auswahl des Betreuungsmodells geben?

 

Es kann hilfreich sein, ein Gespräch mit nicht involvierten Personen zu führen, um das beste Betreuungsmodell für deine individuelle Situation herauszufinden und dann mit dem anderen Elternteil zu besprechen.

Bei folgenden Personen oder Institutionen kannst du dies durchführen: 

  • Jugendamt
  • Erziehungsstellen
  • Beratungsstellen, z.B. Caritas, Diakonie
  • Familienmediatoren/Familienmediatorinnen
  • Therapeuten/Therapeutinnen oder Psychologen/Psychologinnen
  • Rechtsanwälte/Rechtsanwältinnen

 

Fazit

 

Es gibt verschiedene Betreuungsmodelle, die du dir für deine individuelle Situation anschauen solltest. Was für die eine Familie stimmig ist, muss für eine andere nicht passen. Wichtig ist es, dass Wohl des Kindes immer in den Vordergrund zu stellen und dann möglichst gemeinsam ein entsprechendes Modell auszusuchen, mit dem jeder gut leben kann.

Sollte das einmal getroffene Betreuungsmodell doch nicht praktikabel sein, kann dies ja wieder geändert werden.

Brauchst du Unterstützung bei der Entscheidung für ein Betreuungsmodell oder die Sicht eines Außenstehenden als Trennungscoach? Dann melde dich gerne für einen Gesprächstermin bei mir.

Blogthemen:


Wer schreibt hier?

Portraitfoto Claudia Kielmann, Coach "Stark nach Trennung"

Ich bin Claudia, und als Trennungscoach unterstütze ich Frauen in Trennungssituationen. In meinen Blogbeiträgen findest du mein Wissen und meine Erfahrungen rund um die Themen "Trennung" und "Persönlichkeits-entwicklung".


Checkliste Trennung Claudia Kielmann

Hier bekommst du deine 0-Euro-Checkliste für die Trennung

2 Kommentare

  1. Rosina Geltinger

    Liebe Claudia,
    was für ein super hilfreicher Artikel, der so klar und übersichtlich ist, und somit eine tolle Orientierung für Betroffene gibt. Ich werde deinen Blog auf jeden Fall betroffene Klientinnen weiterempfehlen 🙏. Weiterhin frohes Bloggen, liebe Grüße, Rosina

    Antworten
    • Claudia

      Liebe Rosina,
      ich danke dir sehr für deine Meinung und vor allem auch für die Weiterempfehlung.
      Dir alles Gute
      Claudia

      Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert